Im Bild: Haltepunkt Bendorf Stadtzentrum/Kaufland
Den folgenden Leserbrief unseres Mitglieds, Gernot Kallweit, wollten wir Euch nicht vorenthalten – spiegelt er doch trefflich die Situation der lokalen Politik wieder
Man reibt sich die Augen oder besser die Ohren beim Bericht über den Neujahresempfang der Grünen in Bendorf. Alle anwesenden Politiker wurden aufgefordert, sich nach Kräften für die Umsetzung eines Bahnhaltepunktes einzusetzen. „Bendorf ist die einzige Kommune am Mittelrhein, die keinen Bahnhaltepunkt hat! Undenkbar sei das in einer Zeit, in der die Schiene für die Verkehrswende von zentraler Bedeutung ist“, so Elke Sodemann-Müller. Damit der geplante Bahnhaltepunkt Bendorf aus der Innenstadt attraktiv erreicht werden kann, muss der Flächennutzungs- und Bebauungsplan „MobiHUB-Untere Rheinau“ geändert werden. Darunter verstehen Stadtverwaltung und Planer einen Verknüpfungspunkt für Bus, Fahrrad, Fußgänger und Bahn.
Was in allen Meldungen zu dem Thema bewusst immer wieder verschwiegen wird: Bendorf verfügt längst über drei Bahnhaltepunkte: in Sayn am Kletterwald, am Pfadfinderlager und sogar mitten in der City am Kaufland, den die Mitgliedern des Vereins Brexbachtalbahn schon 2011 kostenlos für die Stadt gebaut haben inklusiv eines Konzept für dessen Nutzung als Verknüpfungspunkt unter dem Titel:
„Bahn, Rad und Bus aus einem Guss“.
Reaktion aus der Politik bis heute: NULL!
Ein Flächennutzungs- und Bebauungsplan sind hier gar nicht mehr nötig. Nötig wären Züge, um hier ein-und auszusteigen. Doch die fahren nicht, weil genau diese Ratsfraktionen samt der Bürgermeister seit Jahren gegen die Reaktivierung der Strecke agieren und agitieren, sogar mittels Resolution. Bendorf brauche keine Bahn, sie stört die Stadtentwicklung, heißt es. Die bedeutet in Bendorf weiterhin AUTOmatisch Straßenverkehr im Klimawandel.
Die Grünen wollen die Reaktivierung auch nicht, weil dann Güterverkehr „droht“. Stimmt, genau wie auf jeder Straße in der Stadt durch LKW´s. Güter auf die Schiene ist aber DAS Gebot der Stunde, verpflichtend durch das Pariser Klimaschutzabkommen, Urteil des Bundesverfassungsgerichts und gefordert vom Verband der Deutschen Verkehrsunternehmer und des Landesverband der Unternehmerverbände. So hat der Wirtschaftraum Westerwald aktuell einen Standortproblem, weil die nachhaltige Bahn-Infrastruktur an den Rhein seit Jahren fehlt. Die Folge: durch verstärkte Transporte von Massengut auf den Straßen der Region wie Holz und Ton steigen die Emissionen in Bendorf seit Jahren statt zu sinken.
Ein Skandal sondergleichen, den aber niemand im Stadtrat und bei den Grünen juckt, die jetzt zusammen das Projekt „Grüne Entdeckerstadt” voranreiben, natürlich auch ohne Bahnanschluss. Das Ministerin Eder beim Neujahresempfang die Reaktivierung von Bahnstecken im Land wie der Brexbachtalbahn als absolut wichtiges und notwendiges Projekt angesprochen und das Land aktuell an einer Analyse dafür arbeitet, blieb in der Presseerklärung der Grünen unerwähnt.
Man fasst sich angesichts der dramatischen Klimasituation an den Kopf über diese vorsätzliche Verantwortungslosigkeit. Die Grünen wie die Stadt stellen weiterhin Partikularinteressen vor Gemeinwohlinteresse, statt die Schiene aktiv zu reaktivieren. 50.000 Besucher des Kletterwaldes, 20.000 im Pfadfinderlager und 150.000 des Kulturparks Sayn und der Sayner Hütte reisen also auch weiterhin per PKW an, verstopfen die Straßen und verpesten die Luft in Sayn. Daran wird auch der Bahnhaltepunkt am Hafen nichts ändern.
Die aktuelle Bundesregierung hat deshalb im Koalitionsvertrag das Ziel bekräftigt, den Anteil der Schiene am Verkehr in Deutschland bis 2030 auf 25 Prozent zu steigern. Die unverzichtbare Mobilitätswende zu unterstützen ist also kein politisches „Nice-to-have“ sondern Rechtspflicht! Dies gilt besonders für Kommunen als Rechtsträger. Die Reaktivierung der Brexbachtalbahn seit Jahren zu blockieren, ist also ein Rechtsvergehen, Frau Sodemann-Müller… „in einer Zeit, in der die Schiene für die Verkehrswende von zentraler Bedeutung ist“. Aber nicht in Bendorf! Fragt man nach, wie denn dieses Ziel erreicht werden soll, wenn man eine vorhandene Bahnstrecke nicht nutzen will, kommen keine Antworten außer, dass es ja unzumutbar für Autofahrer sei, vor geschlossenen Schranken mitten in der Stadt warten zu müssen.
Dem haben wir als Verein nichts hinzuzufügen – der Artikel wurde erstmalig in Blick Aktuell veröffentlicht.
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Die Stadt Bendorf scheint sich wohl als Nabel der Welt zu fühlen, was sie garantiert nicht ist. Mit ihrem Verhalten verhindet sie nicht nur im eigenem Bereich Verbesserungen im öffentlichen schienengebundenen Verkehr, sondern für eine ganze Region mögliche Verbesserungen. Zudem sollte für die Zukunft in Verkehrssysteme investiert werden, die die ökölogische Situation verbessern und den Umweltschutz vorantreiben. Letztendlich können derartige Investitionen die Grundvoraussetzung für die Stärkung des Wirtschaftsstandorte und Inovationen der Gewerbetreibenden sein.
Im übrigen könnte z. B. durch Einrichtung eines stündlich verkehrenden Regionalexpresses in der Relation von Koblenz nach Siegen als Sprinter ein ungeheures Fahrgastpotential gewonnen werden. Hierbei würden u. a. die derzeit nur z. T. im Güterverkehr genutzten Bahnstrecken Altenkirchen -Siershahn sowie Siershahn – Engers befahren werden. Voraussetzung wären hierbei natürlich umfangreiche Investitionen in die Streckenertüchtigung und Ausbau der Gleisinfrastruktur (Vmax 80 bis 100 km/h; EStW; Ertüchtigung der Gleise für den Einsatz von Triebfahrzeugen mit einer gleisbogenabhängigen Wagenkastensteuerung; Beseitigung sämtlicher unbeschrankter Bahnübergänge; Errichtung eines Abzweiges Bendorf zur rechten Rheinstrecke in Richtung KO-Ehrenbreitstein und/oder eines Abzweiges Engers zur Neuwieder Rheinbrücke, um den zeitaufwendigen Fahrrichtungswechsel in Neuwied überflüssig zu machen; (Wieder-)Errichtung notwendiger Kreuzungsbahnhöfe und Umbau bestehender Bahnhöfe u. a. Bendorf-Sayn zum Kreuzungsbahnhof; ggf. zweigleisiger Ausbau zwischen den Abzweigen Engers/Bendorf nach Bendorf-Sayn zur Betriebsstabilität und Elektrefizieurng als Oberleitungsinsel; usw.). Bei entsprechender Streckeninfrastruktur könnten ein Regionalexpress (RheinWesterwaldSiegExpress, RE 19), gefahren mit modernen BEMU-Fahrzeugen in Doppeltraktiion und gleisbogenabhängiger Wagenkastensteuerung (bekannt als “Pendolino”) die Strecke von Koblenz Hbf nach Siegen Hbf (ca. 125 km) im Idealfall in ca. 100 Minuten schaffen. Natürlich müssten in diesem Zusammenhang sämtliche Verkehrsrouten und Bahn-/Buslinien hinsichtlich der Fahrpläne besser koordiniert und aufeinander abgestimmt werden, so dass ein integraler Regionalfahrplan zum Nutzen für die Einwohner einer ganzen Region entsteht. Der einzuführende Regionalexpress wird absolut konkurenzlos zum Automobil sein. Natürlich werden die Bahngegner in diesem Fall die hohen Investitionen (geschätzt eine dreistellige Millionensumme) anprangern und schlechtreden, aber auf der anderen Seite wurden bei den Eisenbahnstrecken im Westerwald in den letzten 60 Jahren eigentlich nur Desinvestitionen getätigt, d. h. Streckeninfrastruktur zurückgebaut, oder ganze Streckenabschnitte stillgelegt und sogar abgebaut. Einzige Ausnahme war der Bau der Schnellfahrstrecke Köln nach Frankfurt. Auch hier wurde der Haltepunkt Montabaur ursprünglich schlechtgeredet und als überflüssig hingestellt. Nach Inbetriebnahme des ICE-Bahnhofes Montabaur hat sich dieser sehr positiv entwickelt und ist für die regionale Wirtschaft nicht mehr wegzudecken als treibende Kraft für Inovationen in der Region. Im übrigen, wenn man Stuttgart 21 als Maßstab nehmen würde mit den derzeit ca. 10 MRD €, die bislang dort verbaut worden sind, dann wäre eine in die Zukunft weisende Investition im Westerwald mit den geschätzten dreistelligen Millionenbetrag nur “Peanuts”! – Ich kann nur sagen: “Leute verbaut euch nicht die Zukunft durch kurzfristige falsche von Ideologie getriebenen Entscheidungen”, denn die Folgen falscher Entscheidungen wird sich wahrscheinlich keiner Wünschen! Außerdem hat sich in der Vergangenheit auch immer wieder gezeigt, dass dienjenigen, die gegen alles waren, plötzlich bei offiziellen Anlässen scheinbar die Seiten gewechselt haben, wenn das Unerwünschte zum vollem Erfolg geworden ist.